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Amtliche Bekanntmachung der Polizeidirektion Lüneburg
Allgemeinverfügung über eine räumliche und zeitliche Beschränkung Innerhalb des nachfolgend dargestellten Transportkorridors wird das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt:
I.
II.
III.
IV.
V.
VI. Begründung: 1. Voraussetzungen für die Beschränkung des Versammlungsrechts Die Bundesrepublik Deutschland ist aufgrund internationaler Verträge völkerrechtlich verpflichtet, atomaren Abfall, der in der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague aufbereitet worden ist, wieder in das Bundesgebiet zurückzunehmen. Der Bundesumweltminister hat im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter das Zwischenlager Gorleben als Transportziel festgelegt. Das Transportbehälterlager Gorleben ist das bislang einzige in Deutschland zugelassene Zwischenlager für radioaktive Abfälle aus der Wiederaufarbeitung. Die Nuclear Cargo + Service GmbH Hanau ist aufgrund einer vollziehbaren Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz (in Salzgitter) vom 05.05.2006 gem. § 4 des Atomgesetzes berechtigt, bis einschließlich 31.03.2007 radioaktive Abfälle nach Gorleben zu transportieren. Jede nach rechtsstaatlichen Grundsätzen erteilte Genehmigung ist verfassungsrechtlich aus den Art. 19, 20 des Grundgesetzes geschützt. Das Land Niedersachsen ist aufgrund des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 19.01.2005 (Nds. GVBl. S. 9), zuletzt geändert durch Urteil des BVerfG - 1 BvR 668/04 - v. 27.07.2005 (BGBl.I S. 2566), verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen durch die zuständigen Behörden zu ergreifen, damit es nicht zu unrechtmäßigen Eingriffen in bestehende Rechtspositionen kommt. Diese Verfügung beruht auf § 15 des Gesetzes über Versammlungen und Aufzüge (VersG) i. d. F. der Bekanntmachung vom 15.11.1978 (BGBl. I S. 1790), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 24.03.2005 (BGBl. I S. 969), i. V. m. den §§ 35 und 41 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) des Bundes i. d. F. der Bekanntmachung vom 23.01.2003 (BGBl. I S. 102), zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718) und § 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Niedersachsen (NVwVfG) vom 03.12.1976 (Nds. GVBl. S. 311), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.12.2004 (Nds. GVBl. S. 634). Gemäß § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes kann die zuständige Behörde die Versammlung untersagen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Die Vorschrift umfasst auch die Möglichkeit, Demonstrationen innerhalb räumlich beschränkter Bereiche zu untersagen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.05.1985; BVerfGE 69, S. 315 ff, S. 362 - "Brokdorf"). § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes ist eine gesetzlich vorgesehene Einschränkung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit gem. Art. 8 Abs. 2 des Grundgesetzes. Bei Einschränkungen der Versammlungsfreiheit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die grundlegende Bedeutung der Grundrechte im demokratischen Gemeinwesen zu beachten. Dabei hat die Versammlungsfreiheit nur dann und ausnahmsweise zurückzutreten, wenn eine Güterabwägung ergibt, dass dies zum Schutze gleichwertiger Rechtsgüter notwendig ist (BVerfGE 69, S. 315 ff, 349 f). Das Bundesverfassungsgericht hat die Einschränkung bzw. Auflösung ganzer Versammlungen unter zwei Voraussetzungen zugelassen:
Auch wenn eine oder beide Voraussetzungen erfüllt sind, darf das Versammlungsrecht nur unter strikter Wahrung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beschränkt werden. Die Behörden haben grundsätzlich die Pflicht, Versammlungen zu schützen. Nur in nicht auflösbaren Konfliktfällen und bei polizeilichen Notstandssituationen ist die Behörde rechtlich gehalten, die friedliche Versammlung zu untersagen, um Schaden von gleichwertigen Rechtsgütern abzuwenden. Zum Schutz von Rechtsgütern, die dem Demonstrationsrecht gleichwertig sind, ist es hier erforderlich, Versammlungen innerhalb des oben beschriebenen Transportkorridors für einen begrenzten Zeitraum zu untersagen. Es besteht gegenwärtig eine auf Tatsachen und Erkenntnisse gestützte Gefahrenprognose, dass hochwertige Rechtsgüter sowohl Dritter als auch der Allgemeinheit bei, während und im Umfeld der beabsichtigten Demonstrationen gefährdet werden. Dem Genehmigungsinhaber soll die Ausübung seines Transportrechtes vereitelt werden, wobei mindestens Sachschäden einkalkuliert werden. Außerdem soll in den Bahn- und Straßenverkehr eingegriffen werden. Während der von den Initiativen "Bäuerliche Notgemeinschaft", "X-tausendmal quer", Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BIU) und "Widersetzen" organisierten oder unterstützten Demonstrationen kam es anlässlich der bisherigen Transporte zu rechtswidrigen Blockaden und teilweise zu Gewalttätigkeiten. Dies ist auch bei diesem Transport mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten. 2. Gefahrenprognose Bisherige Erfahrungen Die Gefahrenprognose stützt sich zunächst auf die Erfahrungen der letzten neun Castor-Transporte. Während der Transporte der Jahre 1995 bis 1997 und 2001 bis 2005 gab es im Zusammenhang mit den bestätigten oder spontanen Versammlungen zahlreiche rechtswidrige Blockadeaktionen, zum Teil mit bis zu 1.500 Teilnehmern. Dabei kam es teilweise auch zu gewalttätigen Übergriffen (Straftaten von erheblicher Schwere, insbesondere gemäß §§ 240, 223, 224, 315, 315 b, 316 b StGB). Die Straftaten wurden mindestens gelegentlich, z.T. auch direkt aus dem Schutz der Demonstrationen heraus begangen. Beispielhaft werden die folgenden Blockaden und Straftaten anlässlich der letzten Castor-Transporte genannt: März 2001:
Gegen 19.10 Uhr kam es in Dannenberg "Am Besenberg" unweit der Esso-Wiese zu einer spontanen Versammlung von ca. 100 Personen, die sich schnell ausweitete. Wenig später wurden die Polizeieinheiten vor Ort durch schwarz gekleidete und vermummte Personen angegriffen, massiv mit Steinen und Molotow-Cocktails beworfen und mit Signalmunition beschossen. Gegen 19.40 Uhr griff eine Gruppe von ca. 300 Demonstranten zwei Einsatzfahrzeuge der Polizei an, die in Dannenberg "Am Besenberg" eingesetzt waren. Dabei warfen die Täter Gullydeckel, Flaschen und Steine auf die Einsatzfahrzeuge, schlugen mit Brechstangen und Grenzpfosten auf sie ein und feuerten mit Signalmunition in den Innenraum eines der Fahrzeuge. November 2001:
Derzeitige Erkenntnisse: Zurzeit ist noch nicht klar abzusehen, wie viele Menschen sich an den Protesten gegen den erwarteten Castor-Transport in das Zwischenlager Gorleben beteiligen werden. Auch im Bereich Lüchow-Dannenberg sind Interessengruppen bemüht, die Protestbereitschaft aufrecht zu erhalten, indem man in der regionalen Zeitung regelmäßig Hinweise auf Veranstaltungen zum Thema "Protest gegen Atommülltransporte" gibt. Die großen Protestbewegungen, wie zum Beispiel die BIU Lüchow-Dannenberg und die Initiative "X-tausendmal quer" haben mit Herannahen des neuen Transport-Termins ihre Bemühungen verstärkt, Demonstranten zu mobilisieren. Die Bürgerinitiativen haben in den vergangenen Jahrzehnten immer dann erheblichen Zulauf verzeichnen können, wenn konkrete Großereignisse anstanden. Nach den Rückmeldungen, die die BIU Lüchow-Dannenberg erhält, wird die Masse der Menschen erst wieder mit dem Gorleben-Transport aktiv. Jeder Castorbehälter, der in das Zwischenlager in Gorleben gelangt, zementiert nach Auffassung der Bürgerinitiativen den Standort Gorleben als nukleares Entsorgungszentrum. Es muss davon ausgegangen werden, dass die Protestszene auch künftig versuchen wird, durch Ankettaktionen den Castor-Transport erheblich zu verzögern, selbst wenn dies mit einer Lebensgefahr für die handelnden Personen verbunden ist (siehe oben Nr. 18). Dies wird bestätigt durch die Aussage von Jochen Stay für die Initiative "X-tausendmal quer" in der aaa, Ausgabe 2005, Nr.168 - 169, S. 11, dass eine neue Dynamik in der Anti-Atom Bewegung vorhanden sei. Die scheinbare Ruhe der letzten Jahre sei vorbei. In einem Artikel von Zero Nr. 126, Oktober 2006 führt Herr Stay dazu weiter aus: "Aber in diesem Jahr, in dem plötzlich alle wieder über Atomkraft streiten, ist mehr drin als nur business as usual. Der Castor soll vom 11. bis 14. November nach Gorleben rollen. Diesmal wird es möglich sein, Einfluss zu nehmen. Es gibt wieder Risse im Gebälk, Spannungen in der Konstruktion, der alte Streit in der Gesellschaft beginnt von neuem. …Und es gehört dazu, am Tag X auf der Straße zu sein, nicht erst nach Feierabend, sondern den ganzen Tag und wenn es sein muss auch die Nacht. …. Es reicht nicht, einige zu bejubeln, wenn sie kalte Nächte im Betonklotz oder am Trecker festgekettet die Straße blockieren. Solch spektakuläre Aktionen können nur dann politisch wirken, wenn sie eingebettet sind in ein Umfeld, in dem jede und jeder einen Schritt über seine persönlichen Grenzen hinausgeht. ….Wagt Grenzüberschreitungen! Macht Euer Handeln öffentlich sichtbar! Stellt Euch quer! Jochen Stay von der Initiative "X-tausendmal quer" kündigte in den Bremer Nachrichten online vom 22.9.2006 eine Sitzblockade vor dem Castor-Verladekran an. Es sei beabsichtigt, dass sich auch die wendländische Gruppe "Widersetzen" an der Blockade beteiligen werde. Auch die Bäuerliche Notgemeinschaft und die "Initiative 60" würden sich im November wieder quer stellen. In der HAZ.de vom 10.10.2006 wird von Jochen Stay weiter angekündigt, dass die Straße nicht freiwillig verlassen werde. In einer weiteren Ankündigung von der Initiative "X-tausendmal quer" findet sich der Hinweis, dass die Sitzblockade auf der Straße vor dem Verladekran von Sonntag früh beginnt und mit offenem Ende bis in die Nacht dauern wird. Die "Grauen Zellen" haben im Internet ( http://www.castor.de/diskus/gruppen/zellen.html ) vom 05.10.2006 zur Teilnahme an den sog. Stuhlproben in Dannenberg, Strasse am Verladekran jeweils am Sonntag aufgefordert. In der Ankündigung für das Widerstandscamp in Hitzacker an der Schienenstrecke in der 2. Novemberwoche wird versucht die Anti-Atom-Szene zur Teilnahme zu mobilisieren. Dort heißt es: "Euer Engagement und Hilfe bei der Vorbereitung wird dringend benötigt, um den Widerstand mit Campinfrastruktur und facettenreiche Aktionen zu bereichern. … Von hier aus lässt sich selbstorganisiertes Widerstandscampen ausprobieren, Aktionen planen, Platzverweise sammeln, Polizeimassen bewundern und ärgern….Lasst uns zusammen für diese Zeit den Widerstand leben." In der Zeit vom 26.-29.10.2006 findet ein Clownworkshop in Meuchefitz (Wendland) statt. In der dazu gehörenden Ankündigung finden sich folgende Aussagen: "In der zweiten Novemberwoche rollt wieder ein erneuter Strahlentransport nach Gorleben und mit ihm fällt wieder jede Menge Grünzeug ins Wendland ein! Aber diesmal wird eine zweite Armee ins Wendland mit einmarschieren. …Zur Verstärkung ihrer Truppe sucht die Clownarmee noch jede Menge Clowninnen und solche die es werden wollen; Trickser, Verrückte, …., Radikale…alle sind willkommen sich anzuschließen." Die Anti-Atom Bewegung steht zunehmend im Focus anderer, auch militanter Bewegungen. In der Zeitung "Radikal", Ausgabe Nr.159, Frühjahr 2006, S. 4 ff wird anlässlich der beginnenden Mobilisierung und Vorbereitung zur Verhinderung des G8 Treffen in Heiligendamm 2007 auch Bezug genommen auf die Aktionen bei den Castortransporten. Auf Seite 6 wird ausgeführt, dass militantes Vorgehen (bei der Anti-Atom Bewegung anlässlich des Castortransportes) genauso selbstverständlich sei wie gegenseitige Hilfe z.B. Öffnen der Häuser und Scheunen für Aktivisten oder Versorgung mit Lebensmitteln. Des Weiteren wird auf S. 8 erklärt, dass militante Aktionen von der Hoffnung begleitet würden, dass es dabei zu Nachahmungseffekten kommen würde und es natürlich auch richtig Spaß mache. Dem gegenüber steht die Ankündigung der Infotour-AG in der aaa (Juli 2006, Ausgabe Nr. 172 - 173, S. 39), dass der Castor-Protest im November 2006 ein konkretes Übungsfeld für den G8-Widerstand sein kann. "Übungen wie blockieren, Straßenunterhöhlungen, Gleis unpassierbar machen und Neutralisieren von Polizeistrategien könnten geübt werden." Die Initiative "X-tausendmal quer" laden in ihrem Rundbrief Nr. 27 alle Anti - G8 - Aktivisten ein, beim Castor gemeinsam aktiv zu werden. Die BIU Lüchow-Dannenberg versucht die Teilnehmer zu mobilisieren und hat dafür im Internet verschiedene Aktionen an unterschiedlichen Orten und Zeiten angekündigt. So soll am 12.11.2006 die so genannte "Stuhlprobe" in Dannenberg am Verladekran stattfinden. Am selben Tag soll auch die Fahrraddemo vom Verladekran bis zum Erkundungsbergwerk Gorleben durchgeführt werden. Die von der BIU unterstützte Auftaktkundgebung findet am 11.11.2006 in Gorleben an den Atomanlagen statt, mitgetragen auch durch die Initiativen "X-tausendmal quer" und "Widersetzen". Dabei wird zugleich aufgefordert, nach der Demo im Wendland zu bleiben.( http:// www.widersetzen.de/ Aufruf_2006.htm) Mit der Kampagne unter dem Motto "Ausgestrahlt - Gemeinsam gegen ein Comeback der Atomenergie" versucht die Initiative "X-tausendmal quer" bereits seit dem Sommer letzten Jahres Teilnehmer für die geplanten Protestaktionen zu mobilisieren. Die Leser sollen zunächst dazu motiviert werden, eine Erklärung zu unterzeichnen mit dem folgenden Wortlaut: "Ich bin davon überzeugt, dass der Betrieb von Atomanlagen ein schwerwiegendes Unrecht ist. Deshalb fordere ich ihre Stilllegung. Ich sehe mich in der Mitverantwortung dafür, den Ausstieg aus der Atomindustrie politisch durchzusetzen, und werde das mir Mögliche dazu beitragen." Seit dem Castortransport 2004 gab es eine Aktion mit Titel "Spinnennetz". Bei der Aktion ging es offensichtlich darum, auszutesten, inwieweit das Betreten der Schienen von der Polizei toleriert werden würde. Die Schienen dienten beim Volleyballspiel als "Netz". Es ist zu erwarten, dass wieder eine ähnliche Aktion auf den Schienen bei dem bevorstehenden Transport durchgeführt wird. Im Internet findet sich dazu die Ankündigung einer neuen bislang unbekannten Sportart. "Ab dem 22.10.2006 soll im sportlichen Wettstreit um den Göhrde - Pokal gekämpft werden. Austragungsort ist der Bahnübergang." In einer dazu weiteren Beschreibung der Sportart wird ausgeführt, dass es um eine ganz alltägliche Tätigkeit geht. Viele Dinge würden sich durch rollen von a nach b bewegen lassen. In dem dazu gehörenden Bild werden mehrere Menschen gezeigt, die einen Baumstamm rollend bewegen. Wie angekündigt, fand am 22.10.2006 die Aktion "Widerstands-RolleBall" statt. Insgesamt haben ca. 100 Personen und 10 Traktoren teilgenommen, wobei ein großer Teil dieses Personenkreises sich auf dem Bahnübergang niedergelassen hat und dort ein aufgerissener Strohrundballen platziert werden konnte. Ein Kooperationsgespräch kam nicht zu Stande. Bevor der planmäßige Regionalzug den Bahnübergang passierte, wurde die Versammlung geräumt. Insgesamt ist deshalb zu erwarten, dass die Proteste und verschiedenste Aktionen nicht nur von einer kleinen Gruppe getragen werden, sondern auch von einer überörtlichen Protestszene. Gewaltbereitschaft: Die Gewaltbereitschaft und Aggressivität hat bei den Protesten während der vergangenen Castor-Transporte zwar insgesamt quantitativ abgenommen. Jedoch fühlen sich gewaltbereite Störer nach wie vor vom Spektrum der Aktivitäten angesprochen. Die hohe Gewaltbereitschaft einiger Castor-Gegner wird an mehreren Ereignissen anlässlich der Castor-Transporte in den letzten Jahren besonders deutlich: Am 07.09.2003 wurde in Dahlenburg, Gemarkung Tangsehl (Bahnkilometer 194,3), eine Kunststoffwasserleitung festgestellt, die vom öffentlichen Wassernetz im Bahndamm auf der Eisenbahnstrecke Lüne-burg - Dannenberg endete. Ermittlungen ergaben, dass es sich bei der Leitung um keinen offiziellen Anschluss handelte. Bei einem länger dauernden Wasserfluss wäre innerhalb kurzer Zeit eine Unterspülung des Bahndamms erfolgt, mit der Folge, dass die Strecke für den Bahnverkehr unbrauchbar gewesen wäre. Kurz vor Durchführung des Castor-Straßentransportes 2003 wurde festgestellt, dass unbekannte Täter die Straße zwischen Quickborn und Langendorf bei Straßenkilometer 49,95 unterspült hatten. Die Täter hatten eine so genannte "Wasserlanze" angelegt, die bis unter die Fahrbahndecke reichte. Auch anlässlich des Castor-Transportes im vergangenen Jahr wurde versucht, durch eine Unterspülung der K 15 zwischen Kacherien und Quickborn die Transportstrecke unbrauchbar zu machen. Am 08.11.2004 wurde im Seitenraum der K 15 eine im Erdboden eingebrachte Spüllanze mit Rohrsystem gefunden, dass mit der zentralen Wasserversorgung verbunden war. Nach der Stellungnahme eines Mitarbeiters des THW wäre nach einem Wasseraustritt die Straße nach ca. 30 Minuten vollständig unterspült worden. Auf der Schienenstrecke wurden sog. "VolXkrallen" befestigt, die den Castor-Zug blockieren und im schlimmsten Fall einen Unfall herbeiführen sollten (siehe oben unter Nr. 16,17 und Nr. 28). Dabei nutzten die Täter zumindest teilweise den Schutz einer Versammlung aus. Mit solchen Eingriffen in den Schienenverkehr ist auch beim kommenden Castor-Transport zu rechnen. Vor allem die Blockadeaktionen, an denen Traktoren beteiligt waren, zeigen deutlich, dass die handelnden Personen bewusst Gefahren für Leib und Leben einkalkulieren, um sich den Polizeifahrzeugen entgegen zu stellen bzw. um Blockaden nicht nur auf der Transportstrecke zu errichten (siehe oben unter Nr. 23). Den vorläufigen Höhepunkt bei der Ausübung krimineller Energie zur Verhinderung oder zumindest Erschwerung des Castor-Transportes stellt der Brandanschlag auf Polizei-Unterkünfte in Woltersdorf am 28.09.2005 dar. Die Spurenlage lässt den Schluss zu, dass die widerrechtlich auf das Gelände eingedrungenen Täter mittels Brandbeschleuniger alle Gebäude in Brand setzten, die sich in Landeseigentum befinden und die der Unterbringung von Polizeikräften dienen sollten. Am 11.9.2006 wurde mitten in der Fahrbahn der L 256 zwischen Grippel und Gorleben ein ca. 60 cm tiefes Loch mit einem Durchmesser von ca. 15 cm gefunden. In dem Loch befand sich senkrecht ein Metallrohr mit angeschweißtem Widerhaken. In dem Rohr ist eine Querstrebe, die sich als Ankettvorrichtung für eine Einzelperson eignet. Im Staatsforst Jagen bei Leitstade ist ein 23m hoher Funkmast durch Lösen der Befestigungsschrauben umgekippt. Dabei wurde ein Waldweg versperrt. Auf diesem Funkmasten waren ausschließlich Sende- und Funkantennenanlagen der Polizei befestigt. Der entstanden Sachschaden ist zunächst mit 18.000 Euro angegeben, wobei nur die Beschädigungen des Polizeieigentum berücksichtigt wurden. Dieser Anschlag wurde in "indymedia" am 11.10.2006 unter der Überschrift: "Auf zum Castor 2006 oder Der Maulwurf und Der Turm" wie folgt beschrieben: "Da wo der Wald Goehrde am dunkelsten ist, wo nachts Hirsch und Wildschwein brüllen, lebt ein kleiner Maulwurf der Spezies molt - militanzia. Auf einem seiner ausgedehnten Streifzüge erkundete das liebenswerte Tierchen mit seinem putzigen schwarzen Fell auch die wendlaendische Anhoehe 102.5, nicht unweit des Bahnkilometers 191 gelegen. Auf der Kappe des Berges angekommen, offenbarte sich unserem Maulwurf ein haesslicher hoher Turm, von dem viele Antennen abgingen und der auf einem riesigen Betonklotz festgeschraubt war. Ei, Ei, Ei, sprach der Maulwurf, vor solchen haesslichen Tuermen haben mich meine Schwestern immer gewarnt, sie sollen eine schlimme Bedrohung für unsere Spezies sein und mit Castor im Bande stehen. Sprachs, holte den 30-er Maulschlüssel aus der schwarzen Bauchtasche hervor und schraubte den Turm einfach los. Der fiel….. und die gesamte Sendeelektronik war nun nicht mehr zu gebrauchen….." Hinzugefügt waren Bilder, die u.a. den fallenden Turm zeigen. Der Text und die Bilder wurden anschließend aus "indymedia" gelöscht. In einem Waldstück ca. 50 m nördlich der Bahnstrecke Lüneburg-Dannenberg wurde in einem Erdversteck ein U-Eisen mit vier Bolzen gefunden. Das aufgefundene U-Eisen entspricht aufgrund seiner Bearbeitung und Form den bisher bekannten Schienenhemmschuhen. Aufgrund der neuen Größe dieses Schienenhemmschuhes ist von einer gesteigerten Gefährlichkeit für den Bahnverkehr auszugehen, sollte dieser zum Einsatz gelangen. Die Teilnahme gewaltbereiter Personen an den Demonstrationen während des Transportes nach Gorleben ist nach den oben geschilderten Ereignissen und Aufrufen wiederum zu erwarten und lässt befürchten, dass es auch bei dem bevor stehenden Transport wieder zu gewalttätigen Ausschreitungen kommen wird. Diese sind von den Veranstaltern insbesondere deshalb nicht beherrschbar, da sich die Anhänger militanter Aktionen, wie z.B. in den oben zitierten Aufrufen dargestellt, gerade die Infrastruktur und friedliche Demonstrationen für ihre eigenen Zwecke nutzbar machen. Unabhängig davon, wie viele Menschen an den Demonstrationen teilnehmen werden, ist deshalb anzunehmen, dass die stattfindenden friedlichen Versammlungen auch gewaltbereite Personen aufnehmen bzw. dulden werden. Wie bei den vergangenen Transporten ist zu erwarten, dass friedliche Versammlungen zum Anlass genommen werden, spontane Versammlungen mit zum Teil gewalttätigem Verlauf insbesondere auf der Schienen- und Straßentransportstrecke abzuhalten. Dem steht es rechtlich gleich, wenn eine Versammlung offiziell beendet wird, unmittelbar danach aber eine augenscheinlich bereits vorbereitete Aktion mit Gewalt folgt. Wer die Störung der öffentlichen Sicherheit zwar nicht selbst begeht, sie aber durchaus bezweckt, bleibt als so genannter Zweckveran-lasser verantwortlich. Die Anzahl der Störungen im direkten Gefolge von Versammlungen und auch das konkrete Verhalten der Veranstalter belegen, dass es sich nicht um ungewollte Teilnehmerexzesse handelt, sondern um billigend auch vom Versammlungsleiter in Kauf genommene Störungen. Dies zeigt sich deutlich an der am 08.11.2004 stattgefundenen Aktion "Spinnennetz" im Bereich der Schienen-Transportstrecke bei Harlingen. Insgesamt lässt sich zu Transportzeiten und räumlich im Streckenbereich des Transportes ein raumzeitliches Zusammenfallen von Protestaktionen des Typs Schienenbegehung einerseits und von Eingriffen in den Schienen- und Straßenverkehr andererseits feststellen. Dem müsste ein Versammlungsleiter, der sich Störungen der öffentlichen Sicherheit nicht zurechnen lassen will, mit deutlichen Signalen entgegentreten (s.a. Beschlüsse des VG Lüneburg vom 09.11.2001 - 3 B 72/01 und OVG Lüneburg vom 10.11.2001 - 11 MA 3673/01). An einer solchen Distanzierung fehlt es bisher durchgehend. Je näher der Tag des kommenden Transportes rückt, desto größer ist die Gefahr, dass eine Versammlung auf der Transportstrecke zu kollektiven Unfriedlichkeiten und rechtswidrigen Blockadeaktionen führen wird. Auch als friedlich angekündigte Demonstrationen der vier maßgeblichen Initiativen "X-tausendmal quer", BIU Lüchow-Dannenberg, Bäuerliche Notgemeinschaft und der Initiative "Widersetzen" haben dann immer stärker das Ziel, Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, den Transport letztendlich zu verhindern oder ihn zumindest zu erschweren und zu verzögern. Aus der Zielrichtung, den Castor-Transport zu verhindern oder jedenfalls solange zu blockieren, dass die Kosten unverhältnismäßig ansteigen, folgt auch die mindestens zustimmende Duldung rechtswidriger und strafbarer Handlungen, insbesondere der Blockaden und der Unterhöhlung des Schienenweges und der Straßen. Zwar bekennen sich die großen Anti-Castor-Initiativen wie die BIU und "X-tausendmal quer" öffentlich zu einem gewaltfreien Protest. Allerdings herrschen zum einen unterschiedliche Auffassungen zum Begriff "Gewaltfreiheit", zum anderen erfolgt keine klare Distanzierung zu gewaltbereiten Demonstrationsteilnehmern. Eine solche lässt auch die Reaktion eines Vertreters der BIU auf den Brandanschlag in Woltersdorf gegenüber der Presse vermissen: "Es ist nicht auszuschließen, dass da ein paar Leute die Nase voll hatten, das kann man nachvollziehen". Die Methoden einer Bürgerinitiative seien allerdings andere: "Der Widerstand im Wendland tritt mit offenem Visier an". Unverhohlene Freude über den verübten Brandanschlag äußerten einzelne Vertreter der Szene in den bei "indymedia" veröffentlichten Beiträgen. U.a. hieß es dort: "Tja, ab und zu geht doch was. Hoffen wir, dass sie sich totsuchen." Auch die Initiative "X-tausendmal quer" sagt in ihrem Rundbrief Nr. 27 (Herbst 2007) ganz deutlich: "Das Blockieren der Castor-Strecke ist nicht legal. Doch das Übertreten von Verboten ist angesichts des atomaren Restrisikos legitim und notwendig." Nach der Rechtsprechung des VG Lüneburg (Urteil v. 17.11.1999 - 7 A 40/97) sowie des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg (Beschluss vom 16.09.2005 - 11 LA 318/ 04) können im Rahmen der Prognoseentscheidung alle Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit Versammlungen Berücksichtigung finden. Weder Blockaden von Abschnitten der Transportstrecke, noch Körperverletzungen, Eingriffe in den Bahnverkehr und Sachbeschädigungen seien zwangsläufig mit Großdemonstrationen verbunden. Sie sind deshalb vom Versammlungsrecht nicht gedeckt. Auch "friedliche" Demonstrationen fallen nicht unter den Schutzbereich des Art. 8 Abs. 1 GG, wenn es sich um so genannte "Verhinderungsdemonstrationen" handelt oder solche, die wegen anderer gleichrangig schutzwürdiger Rechtsgüter verboten werden können (OVG Lüneburg, a.a.O.). Wie in den Jahren 1995, 1996, 1997, bei beiden Transporten in 2001, 2002, 2003,20004 sowie beim Transport in 2005 besteht auch bei dem erwarteten Castor-Transport die hohe Wahrscheinlichkeit einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Gefährdet ist die Durchführung der Castor-Transporte insbesondere durch Schienen- und Straßenblockaden. Eine Gewalttätigkeit gegen Personen oder Sachen ist nicht Voraussetzung für die Einschränkung des Versammlungsrechtes durch diese Allgemeinverfügung (Urteil d. VG Lüneburg v. 02.09.2004 - Az.: 3 A 236/03 -; OVG Lüneburg, a.a.O.). Gleichwohl sind über die zu erwartenden Blockaden hinaus strafbewehrte Eingriffe in den Straßen- und Bahnverkehr sowie Beschädigungen von Sachen von erheblichem Wert, wie sie insbesondere bei dem Brandanschlag in Woltersdorf und bei dem Anschlag auf den Funkmast bei Leitstade bereits eingetreten sind, auch an der Transportstrecke weiterhin zu befürchten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Ankettaktionen oder der Bau sog. "Wasserlanzen" und "Gleishemmschuhe", versammlungstypisch sind oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass derartige Aktionen anlässlich der Castortransporte in den vergangenen Jahren vorgenommen wurden und aufgrund der gegebenen zeitlichen Nähe zu dem anstehenden Transport in die Gefahrenprognose einfließen dürfen (siehe OVG Lüneburg, a.a.O.). Die Erfahrungen aus den vergangenen Castor-Transporten sowie die oben genannten derzeitigen Erkenntnisse und Ankündigungen rechtfertigen die Annahme, dass auch bei dem bevorstehenden Castor-Transport eine hohe Gefahr der Verletzung elementarer Rechtsgüter besteht. 3. Verhältnismäßigkeit: Geeignetes und erforderliches Mittel Die zeitlich und räumlich beschränkte Untersagung von Versammlungen ist das geeignete, erforderliche und verhältnismäßige Mittel, um Rechte Dritter zu wahren und Störungen der öffentlichen Sicherheit abzuwenden. Die Versammlungsbehörde hat die Pflicht zu verhindern, dass wegen rechtswidriger oder strafbarer Handlungen der Transport der Castor-Behälter mit hochradioaktiven Abfällen abgebrochen werden muss. Das Versammlungsverbot in dem beschriebenen Umfang ist geeignet, Störungen der öffentlichen Sicherheit zu verhindern, weil es die Bereiche und Zeiten voneinander abgrenzt, innerhalb derer eine Versammlung oder ein Transport die zu schützenden Rechtsgüter nicht vereitelt. Hierbei handelt es sich um das in räumlicher und zeitlicher Hinsicht geringste Mittel, welches angesichts des Ausmaßes der zu erwartenden Störungen noch mit hinreichender Sicherheit einen Erfolg verspricht, nämlich die Durchführung des Transports, die nach der Gefahrenprognose ernstlich gefährdet ist, zu sichern. Der räumliche Geltungsbereich wird in der Länge durch den Transportweg bestimmt, soweit nennenswerte Störungen in Form von Protestaktionen zu erwarten sind, also ab Lüneburg. Der Bahnhofsbereich in Lüneburg darf nicht als potenzieller Sammelraum für Schienenblockaden genutzt werden, zumal Lüneburg zumindest in den Jahren 2001 bis 2003 ein "Widerstands-Schwerpunkt" gewesen ist. Aus den gleichen Gründen umfasst die Verfügung auch die Schienenstrecke und die Straßentransportstrecken ab der Verladestation. Die Verladestation stellt einen markanten Punkt dar, an dem der Transport längere Zeit unterbrochen werden muss. In den letzten Jahren kam es dort zu erheblichen Blockaden. Im Verlaufe des Transportes im März 2001 kam es zu umfangreichen gewalttätigen Ausschreitungen in der Nähe der Umladestation. Die Polizei konnte jedoch das Vordringen der Demonstranten zur Umladestation verhindern. Aufgrund der Erfahrungen mit Versammlungsteilnehmern, die während der letzten Transporte die Gleise sowie die Straße massiv beschädigten, und den konkreten Erfahrungen mit der Straßenunterhöhlung in Splietau beim Transport 1997 sowie 2003 zwischen Quickborn und Langendorf müssen Alternativstrecken bzw. -streckenabschnitte vorgesehen werden. Es wäre den Störern 1997 beinahe gelungen, die seinerzeit vorgesehenen zwei Straßen-Hauptrouten zu zerstören. Darüber hinaus verfolgt die Protestszene das Ziel, jede der möglichen Straßenrouten ("Nord"- und "Südroute") zu blockieren, um dadurch den Transport zu verhindern oder zumindest deutlich zu verzögern. In der Breite ergibt sich der notwendige Bereich des Versammlungsverbotes aus der Reichweite der zu erwartenden Wurfgeschosse einerseits und der Notwendigkeit, mit Polizeikräften räumlich im Umfeld der Transportstrecke, an Hindernissen vorbei, ohne zeitraubende Auflösung etwaiger Demonstrationen schnell auf gewalttätige Störer zu- und eingehen zu können. Für den Bereich auf den Schienen schränkt § 62 der Eisenbahn-betriebsordnung das Grundrecht der Versammlungsfreiheit in verfassungsmäßiger Weise ein (BVerfG, Beschluss vom 12.03.1998, NJW 1998, S. 3113; VG Lüneburg, Urteil vom 10.07.2003 - Az.: 3 A 301/01 -). Schienen eignen sich nicht als Demonstrationsort, da es sich um Verkehrswege handelt, die in keiner Weise der Kommunikation dienen sollen. Das Versammlungsverbot erstreckt sich insoweit nur deklaratorisch auf den Schienenbereich. Die Bereiche der Umladestation in Dannenberg und das Gelände der Brennelemente Gorleben GmbH (Zwischenlager) müssen wegen der Blockadeversuche in der Vergangenheit und der Symbolkraft der Orte mit einem breiten Sicherheitsbereich versehen werden. In der Nähe dieser Anlagen ist aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre sowie der konkreten Blockaden in Gorleben und Dannenberg in erhöhtem Maße damit zu rechnen, dass dort rechtswidrige Aktionen verübt werden. Der Sicherheitsbereich um das Zwischenlager muss daher einen Radius von 500 Metern um den Eingangsbereich erfassen. Aus dem Erfordernis, die Transportwege freizuhalten, ergibt sich die zeitliche Begrenzung der Einschränkung des Versammlungsrechts. Es muss auf den frühest möglichen Termin für den bevorstehenden Castor-Transport abgestellt werden. Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein hat für Samstag, den 11.11.2006 die Auftaktkundgebung in Gorleben angekündigt, welche den Beginn der umfangreichen Demonstrationen anlässlich des Castor-Transportes darstellt. Aus den negativen Erfahrungen des Jahres 1997, als sich aus der noch in Auflösung befindlichen Stunkparade heraus am Wochenende vor dem Transport die größte und schwerste Straßenbeschädigung anlässlich einer Demonstration im Landkreis Lüchow-Dannenberg entwickelte, folgt, dass ein Versammlungsverbot zeitlich so früh ansetzen muss, dass es nicht möglich ist, aus einer Versammlung heraus die Straße bis zum Transporttag irreparabel zu beschädigen. Dass es nach wie vor einen zwar kleinen, aber gewaltbereiten Teil unter den Demonstranten gibt, zeigen auch die anlässlich der in den letzten vier Jahren im Vorfeld der Transporte unternommenen Versuche, durch Gleis- und Straßenunter-spülungen sowie den Einsatz von "Schienenhemmschuhen" die Transportstrecke unbrauchbar zu machen. Es ist jedoch möglich, insoweit zwischen angemeldeten und unangemeldeten Versammlungen zu unterscheiden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Gefahr obiger Straftaten und Rechtsverletzungen bei unangemeldeten so genannten Spontandemonstrationen besonders groß ist. Ein Veranstalter tritt dabei nicht auf und entzieht sich damit einer Kooperation. So kam es in Splietau in 1997 und in Dannenberg im März 2001 im Anschluss an eine angemeldete Demonstration jeweils zu so genannten Spontandemonstrationen mit erheblichem Gewaltpotenzial. In Harlingen entwickelten sich im November 2004 im Schutze einer "Spontandemonstration" Gewalttätigkeiten (siehe oben Nr. 15). Die mögliche Anzahl derartiger Spontandemonstrationen ist nicht begrenzbar. Wollte man, sofern erforderlich, diese Spontandemonstrationen einzeln vor Ort untersagen, müsste in jedem Einzelfall aufgrund einer individuellen Gefahrenprognose ein entsprechendes Verbot ausgesprochen werden. Hierzu müssten zunächst die verantwortlichen Personen (Versammlungsleiter, Anmelder) ausfindig gemacht werden. Durch derartige Maßnahmen - sofern sie überhaupt Erfolg versprechend sind - kann das Eingreifen der Polizei gerade bei einer Vielzahl von Spontandemonstrationen so sehr verzögert werden, dass Straftaten, insbesondere Aktionen zur Beschädigung der Transportwege, deren Behebung bis zum Transporttag nicht möglich ist, nicht verhindert werden können. Dabei ist zu bedenken, dass sich die Masse der Versammlungsteilnehmer zwar ordnungsgemäß verhält. Die Minderheit aber, die rechtswidrige Aktionen plant, umfasst auch gewalttätige Personen, die im Schutz der friedlichen Demonstranten Straftaten begehen wollen. Durch das planvolle Zusammenwirken friedlicher und gewaltbereiter Demonstranten ist es den Polizeikräften stark erschwert, Übergriffe auf die Schienen- und Straßentransportstrecke zu verhindern. Weil sich die Verantwortlichen angemeldeter Versammlungen einer Kooperation mit den Ordnungsbehörden nicht entziehen können, gibt es hier die Möglichkeit, im Wege der Einzelprüfung gemeinsam zu klären, ob und wie Ausschreitungen ggf. durch Auflagen zu verhindern sind. Für den Tag vor einem frühest möglichen Transportzeitpunkt erscheint es deshalb ausreichend, nur die unangemeldeten Versammlungen zu untersagen. Angemeldete Versammlungen können auf der Grundlage der oben beschriebenen Gefahrenprognose differenzierter geprüft werden. Der Veranstalter muss durch konkrete Maßnahmen nachweisen, dass er das Publikum, das von seiner Veranstaltung angezogen wird, richtig einschätzt und er deutliche Signale setzt, um Rechtsverletzungen zu unterbinden. Das BVerfG hat im Beschluss vom 14.07.2000 entsprechende Aussagen zu den Anforderungen an den Veranstalter gemacht (Nds. Verwaltungsblätter 2000, S. 298 f.). Die Notwendigkeit, den Bahn- und Straßenverkehr von Störungen freizuhalten, gilt in besonderem Maße für den Transportzeitraum selbst, so dass für diesen Zeitraum wegen der zu erwartenden erheblichen Gefahren alle Versammlungen unmittelbar entlang der Transportstrecke untersagt werden müssen. Um zu gewährleisten, dass die Straßentransportstrecke frei von Störungen bleibt, muss daher bereits der Sonntag vom Verbot jedweder Versammlung umfasst sein. Die Dauer des Versammlungsverbotes muss sich auf einen Zeitraum erstrecken, der lang genug ist, um den Transport auch im Falle des Eintritts von Verzögerungen sicher in das Zwischenlager Gorleben einzufahren. Wegen der zahlreich zu erwartenden Störungen, nicht nur auf den Gleisen, sondern auch verstärkt auf der Straßentransportstrecke, kann niemand mit Sicherheit vorhersagen, wann der Transport beendet sein wird. Bis zum Abschluss des Transportes muss jedoch die Strecke passierbar bleiben. Die Begrenzung des Zeitraumes bis zum 21.11.2006 ist daher geboten. Gemäß dem Tenor der Verfügung wird das Verbot jedoch so früh wie möglich in zeitlichen Streckenabschnitten aufgehoben werden. Angemessenes Mittel Das räumlich und zeitlich beschränkte Versammlungsverbot ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Es sichert lediglich einen Transportkorridor für den Castor-Transport. Dies ist im Hinblick auf die vom Transport abzuwehrenden Gefahren für die oben genannten Schutzgüter auch angemessen (s. Beschl. BVerfG v. 26.03.2001 - 1 BVQ 15/01 -). Es bleibt allen Demonstranten unbenommen, außerhalb dieses Transportkorridors ihr Recht auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung wahrzunehmen und ihren friedlichen Protest gegen den Castor-Transport zu äußern. Dabei ist ihnen die Möglichkeit eröffnet, in der Regel in Sichtweite des von ihnen kritisierten Vorhabens ihren Protest friedlich zum Ausdruck zu bringen. Eine Kooperation mit den Veranstaltern etwaiger Demonstrationen wird von der Polizeidirektion ernsthaft verfolgt. Der schon vor dem Transport 2002 von der Polizei ins Leben gerufene Bereich "Einsatzbegleitende Öffentlichkeitsarbeit und Konfliktmanagement", der durch Kooperation mit den Initiativen Bäuerliche Notgemeinschaft, "X-tausendmal quer" und BIU Lüchow-Dannenberg, gemeinsam mit den Pastoren Konfliktminimierung erreichen will, wird entsprechend den Erfahrungen der letzten Transporte fortgeführt. Die BIU Lüchow-Dannenberg, "X-tausendmal quer" und die Bäuerliche Notgemeinschaft waren zu einem frühzeitigen Gespräch im Vorfeld des erwarteten Castor-Transportes am 12.10.2006 eingeladen. Dieses Gesprächsangebot wurde jedoch zunächst nicht angenommen. Es fand dann trotzdem am 18.10.2006 mit den Vertretern der BIU Lüchow-Dannenberg in Lüneburg statt. Eine Zusammenarbeit mit sämtlichen Veranstaltern etwaiger Demonstrationen ist nicht möglich. Aus den Anzeigen in der EJZ und aus den Veröffentlichungen im Internet wird deutlich, dass die zentrale Koordination wichtiger Aktionen zwar bei der Bürgerinitiative und bei "X-tausendmal quer" liegt. Die zu erwartenden Proteste gegen Castor-Transporte werden aber von einer Vielzahl verschiedenster Gruppierungen nach außen hin repräsentiert. Diese Gruppierungen bilden sich zum einen teilweise relativ kurzfristig vor dem Transport und stehen daher als Ansprechpartner für Kooperationsbemühungen nicht zur Verfügung. Zum anderen wird in der Öffentlichkeit nicht immer deutlich, wer als verantwortlicher Ansprechpartner gegenüber der Versammlungsbehörde für Kooperationsgespräche zur Verfügung steht. 4. Anordnung der sofortigen Vollziehung Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt im besonderen öffentlichen Interesse. Die Polizeidirektion Lüneburg hat einen geordneten Versammlungsverlauf sicherzustellen, damit alle friedlichen Teilnehmer ihr Recht auf Versammlungsfreiheit ungehindert wahrnehmen können. Sie ist verpflichtet, die Begehung etwaiger Straftaten zu verhindern, wenn sie sich - wie hier - im Vorfeld deutlich abzeichnen. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt auch im überwiegenden Interesse der Nuclear Cargo + Service GmbH Hanau, der Railion Deutschland AG und der DB AG. Das Interesse an der Unversehrtheit der Gleise, Züge und Straßenfahrzeuge sowie der Anspruch aus § 4 des Atomgesetzes, den Transport gemäß der vorliegenden Genehmigung abwickeln zu können, überwiegen gegenüber dem Interesse der Demonstranten an einer Kundgebung an den Gleisen bzw. auf und an den Straßen. Dabei ist im Besonderen zu berücksichtigen, dass das Demonstrationsrecht nicht generell aufgehoben, sondern nur in engen Grenzen räumlich und zeitlich beschränkt wird. Die Überprüfung dieser Verfügung durch einen auszuschöpfenden Rechtsweg kann nicht abgewartet werden, weil das Versammlungsverbot anderenfalls - mangels Vollziehbarkeit - unwirksam und damit letztendlich überflüssig wäre (vgl. Beschluss des OVG Lüneburg vom 27.04.1984, Az.: 12 OVG B 49/84; Beschluss des VG Lüneburg vom 22.03.2001 - 7 B 11/01). 5. Zuständigkeit Die Polizeidirektion Lüneburg hat sich mit Verfügung vom 06.10.2006 gem. § 102 Abs. 1 des Nds. SOG gegenüber dem Landkreis Lüchow-Dannenberg zur zuständigen Versammlungsbehörde erklärt. 6. Zulässigkeit der Allgemeinverfügung Die Verfügung kann gemäß § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes als Allgemeinverfügung ergehen. Da es trotz der seit längerer Zeit bekannt gemachten bundesweiten Aufrufe zu Großdemonstrationen gegen den Castor-Transport aus Sicht der Polizeidirektion niemanden gibt, an den sie als generell Verantwortlichen eine Einzelverfügung richten kann, bleibt nur die gewählte Form der Allgemeinverfügung, d. h. eines Verwaltungsaktes, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet. Dabei sind der bestimmte oder bestimmbare Personenkreis in diesem Fall alle die Personen, die zu dem im Tenor genannten Zeitraum in dem dort genannten Bereich Demonstrationen durchführen oder an solchen Demonstrationen teilnehmen wollen. Gemäß § 41 Abs. 4 Verwaltungsverfahrensgesetz kann die Bekanntgabe auf den der Bekanntmachung folgenden Tag bestimmt werden. 7. Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Lüneburg, Adolph-Kolping-Str. 16, 21337 Lüneburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichtes erhoben werden. 8. Hinweise
Anhang 1: Umfang des Korridors Die Bahnhofstraße in Lüneburg im gesamten Bereich zwischen der Dahlenburger Landstraße und der Bleckeder Landstraße einschließlich der Zufahrt zum zentralen Omnibusbahnhof; Bahnhofsgebäude und Bahnhofsvorplatz in Lüneburg Strecke a) Sämtliche Eisenbahnstrecken in Lüneburg innerhalb der Eingrenzung B 4 (gesamte Ostumgehung) im Osten, dem Amselweg im Süden und der Hamburger Straße im Nordwesten sowie die Eisenbahnstrecke nach Dannenberg bis einschließlich Gleisende. Jeweils einschließlich der öffentlichen und privaten Flächen, die links und rechts an die Bahngleise dieser Eisenbahnstrecken angrenzen, und zwar in einer Entfernung von bis zu 50 m, gemessen ab Gleisachse (Mitte des Gleises) des jeweils äußersten Gleises. Sämtliche Unter- bzw. Überführungen entlang dieser Eisenbahnstrecken bis zu einer Entfernung von 50 m ab Gleisachse. In Dannenberg die Zuwegung vom ehemaligen Stellwerk des Güterbahnhofs Dannenberg Ost (von der ehemaligen Asylbewerberunterkunft) bis in Höhe der "Raiffeisenstraße". Die oben unter IV. a) bezeichnete Fläche um die Umladestation des Bahnhofes Dannenberg Ost, Grundstück der Bundesrepublik Deutschland (Bundeseisenbahnvermögen) in der Gemarkung Breese in der Marsch, Flur 12, Flurstück 147/2, wird wie folgt erläutert (siehe Anhang 2):
Entlang der Strecken b) und c) beziehen sich die Verbote in der Breite auf folgenden Umfang: Innerhalb geschlossener Ortschaften sämtliche Flächen der Straßen; dies sind insbesondere die Fahrbahnen, Parkplätze, Radwege, Gehwege und befestigte Seitenstreifen und Gräben sowie sämtlicheöffentliche und private Flächen der vorgenannten Straßen und Wege in einer Entfernung von bis zu 50 m, gemessen ab dem Fahrbahnrand der oben bezeichneten Straßen, außerhalb geschlossener Ortschaften sämtliche Flächen der Straßen sowie längs an den genannten Straßen angrenzende öffentliche und private Flächen in einer Entfernung bis zu 50 m gemessen vom äußeren Rand der befestigten für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn. Strecke b) B 191 ab einschließlich der Kreuzung mit der Gartower Straße bzw. Landesstraße 256 - L 256 - bei km 52,450 bis einschließlich der Kreuzung mit der Ortsverbindungsstraße D 8 (Verbindung zwischen Breese in der Marsch - B 191/ Verbindung zwischen B 191 - L 256/ Kirchhofsweg) bei km 43,850 Ortsverbindungsstraße D 27 von der B 191 (Kreuzung bei km 43,850) bis zur Einmündung in die L 256 bei km 2,1. L 256 zwischen der Abzweigung bei km 42,450 der B 191 und der Einmündung der Ortsverbindungsstraße D 27 bei km 2,1 Gemeindestraße zwischen der Umladestation des Bahnhofs Dannenberg Ost und der Ortsverbindungsstraße D 8. Ortsverbindungsstraße D 8 von der Einmündung der vorgenannten Gemeindestraße bis zur B 191 einschließlich der Kreuzung mit der B 191 bei km 43,860. L 256 ab einschließlich Einmündung der Ortsverbindungsstraße D 27 zwischen Nebenstedt und Splietau bei km 2,1 bis zur Einmündung K 2 bei km 7,650 in Gorleben K 2 zwischen der Abzweigung bei km 7,650 der L 256 in Gorleben und der Zufahrt zum Zwischenlager einschließlich des Zufahrtsbereiches selbst bei km 15,850. Das Gelände um den Eingangsbereich des Grundstücks der Brennelemente Gorleben GmbH in der Gemarkung Gorleben, Flur 6, Flurstück 6/3, und zwar in einer Entfernung bis zu 500 m, gemessen von der jeweils äußeren Grundstücksgrenze im Einfahrtsbereich. Strecke c) B 191 von der Kreuzung mit der Verbindungsstraße zur L 256 bei km 43,850 in Richtung Dömitz bis zur Abzweigung in die Kreisstraße 15 (K 15) nach Quickborn einschließlich des Kreuzungsbereiches. K 15 von der vorgenannten Einmündung bis zur Einmündung in die K 29 in Quickborn einschließlich des Kreuzungsbereiches bis Langendorf, Abzweig der K 27, einschließlich des Kreuzungsbereiches. K 27 von der Einmündung der K 15 in Langendorf bis zur Einmündung auf die L 256 in Grippel einschließlich des Kreuzungsbereiches, dann wie Strecke b). Die Verbindungsstraße (K 29) von der Einmündung in die K 15 in Quickborn Richtung Gusborn bis zur Kreuzung mit der L 256. Die Verbindungsstraße zwischen Kacherien und Groß Gusborn (G 5) einschließlich der Kreuzungen in diesen Orten. Soweit sich die oben bezeichneten Flächen gegenseitig überschneiden, gilt die jeweils breitere Zone. Anhang 2: |